garten- und landschaftsarchitektur

Pehlitz-Margarethenhof

Der Margarethenhof liegt in Pehlitz, einem ausgesprochen winzigen Dorf am Ufer des Parsteinsees in der Uckermark. Der knapp einen Hektar große Gartenbereich beherbergte bis nach dem 2. Weltkrieg die Wohnunterkünfte der Landarbeiter des benachbarten Gutshofes und deren Selbstversorgergärten.

Naturverständnis im Wandel

Das übergeordnete Thema des Margarethenhofes ist der Wandel des Verständnisses und der Betrachtungsweise von Natur und Landschaft vom ausgehenden Mittelalter bis in die Postmoderne. Im Garten spiegeln sich die drei unserer Meinung nach markantesten Sichtweisen auf Natur und Landschaft wieder. Wir nennen diese Zeitabschnitte den „campanischen Blick“, den „arkardischen Blick“ und den „bukolischen Blick“. Mit jedem neuen Blick erweiterte sich die Naturerfahrungsfähigkeit der Menschheit.

Campanien

Der campanische, antike bis spät-mittelalterliche Blick rückt den Menschen in das Zentrum der Landschaft, die ungezähmte Natur wird als bedrohlich empfunden und ausgeblendet. Die Menschheit ist sich noch nicht sicher, ob sie sich die Natur wirklich schon Untertan gemacht hat. Natur und Landschaft konnte noch keine eigenständige, innere Ästhetik zuerkannt werden. Schönheit entsprang der Nützlichkeit. Insbesondere der städtische Adel neigte aber schon zu dieser Zeit dazu, das einfache Landleben als kontemplativen Akt zu verklären.

Der Margarethenhof empfängt den Besucher zunächst mit einem Gartenteil, der von klaren Raumachsen, Fluchtlinien und Nützlichkeitserwägungen bestimmt wird. Gerasterte Kräuterbeete, Beerenobst und Lavendel in Reihen knüpfen an unsere kollektive Bilderwelt vom guten Landleben an. Sie versetzten uns in eine wohlige Stimmung. Der intensive, würzige Geruch der weitläufigen Kräuteranlage durchdringt diesen Gartenraum. Die einzelnen, durchaus klischee-gefährdeten Elemente, werden durch subtile Variationen vor dem Dasein als Stereotyp bewahrt.

Einfassungen aus unterschiedlich formierten Hecken lassen heimelige Teilräume entstehen und stärken das Gefühl der Geborgenheit. Nach Osten schweift der Blick über ein Kornfeld mit reicher Ackerbegleitflora und einer extensiven, blütenreichen Mähwiese, die fast nahtlos mit der umgebenden Kulturlandschaft verschmelzen. Die Raumspannung entsteht aus der Üppigkeit und latenten Widerborstigkeit der Vegetation, die sich dem steifen Raster nur widerwillig beugen mag.

 

Arkadien

Der arkadische Blick der Renaissance idealisiert und romantisiert die halbnatürliche, halboffene Weide- oder Hutelandschaft. Es ist das Land das Land der glücklichen Hirten und des harmonischen Wechsels lichter Wälder mit warmen Wiesen und klaren Wässern. Arkadische Landschaften sind gezähmte “Wildnis”, ihnen ist das Bedrohliche genommen, ohne ihre Dynamik eingebüßt zu haben. Arkadien wird ebenfalls zum Flucht- und Sehnsuchtsort des Adels und des Bürgertums, die sich vom einfachen, „echten“ Leben auf dem Land Erlösung von den gesellschaftlichen Zwängen ihrer Zeit erhoffen.

In Arkadien herrscht eine heitere, lichte Stimmung. Die menschlichen Bedürfnisse nach Naturerfahrung, Sicherheit, Stimulanz und Kontemplation werden in vollkommener Harmonie befriedigt. Der englische Landschaftsgarten setzte diese Phantasie in Architektur um. Bis heute prägt das arkadische Landschaftsideal auch die Wertsetzungen der Naturschutzbewegung. Der zweite wichtige Aspekt ist die Glaubwürdigkeit aller Pflanzungen. Sie orientieren sich stark an pflanzensoziologischen Einheiten ohne die ästhetischen Regeln der Pflanzenverwendung außer Acht zu lassen. Wir glauben, dass ästhetisch optimierte Pflanzungen, von denen der Betrachter glaubt, sie so in der freien Landschaft schon mal gesehen zu haben, emotional besonders anrühren können.

Im Arkadien des Margarethenhofs greifen steppenartige „Schaftriften“ und offene Streuobstwiesen das Thema auf. Vom etwas höher gelegenen „Campanien“ aus scheint sich eine weite, liebliche Hügellandschaft zu öffnen, wie man sie auch von den Höhen der Uckermark aus zu sehen bekommt. Die perspektivische Täuschung wird von der Einfassung der Szenerie aus halb-formierten Schlehenhecken und formierten Ligusterhecken verstärkt. Sie imitieren den Anblick von Baumhecken am nahen bzw. ferneren Horizont.

 

Bukolien

Die bukolische Dichtung ist eine antike Erfindung, sie nimmt sich den Dialog von Rinderhirten zum Anlass, um philosophische Gedankengänge zu verbreiten. Die frühen Rinderweidesysteme nutzten Wälder als Weidegründe, denn die Menschheit hatte noch nicht die Mittel, großflächige Rodungen durchzuführen. Durch die ursprünglich ausgesprochen extensive Nutzung der Wälder entstanden abwechslungsreiche Waldlandschaften.

Mit hoher Wahrscheinlichkeit hatte diese früheste aller Kulturlandschaften große Ähnlichkeit mit der Urlandschaft vor ihrer Formung durch den Menschen. Die Strukturierung der Urwälder erfolgte vermutlich durch Herden großer Pflanzenfresser, deren Funktion später auf die Waldweidetiere überging. Bukolien zeichnet sich entsprechend durch die Dominanz dynamischer, vom Menschen unbeeinflusster Prozesse aus, wir verwenden den Begriff als Metapher für ursprüngliche Wildnis.

Ursprüngliche, nicht menschendienliche Naturlandschaften als ästhetisches Erlebnis auffassen zu können, ist eine moderne Erscheinung. Diese Fähigkeit ruht auf dem Fundament der Gewissheit, die Natur allumfänglich zu beherrschen. Das Übermaß an überformter Natur lässt die Sehnsucht nach authentischer, ungezähmter Natur wachsen.

Entsprechend dominieren im Bukolien des Margarethenhofs Vegetationsbilder, wie sie auch ohne das Wirken des Menschen bestehen könnten. Verschiedene Waldsituationen mit reicher Krautschicht, Hochstaudenfluren in feuchten Senken, Sumpf-Wälder und verlandende Gewässer bestimmen die Szenerie.

Es führen schmale Seitenpfade in das Reich der unberührten, wilden Natur Bukoliens. Der Betrachter taucht zunächst in waldartige Situationen mit Frühlingsgeophyten, mannshohem Adlerfarn oder wuchernder Pestwurz ein. Der „Wald“ überführt ihn in eine sumpfigen Senke mit feuchten Hochstaudenfluren, nassen Seggen-Röhrichten und weidenbestandenen Kleingewässern. Der Betrachter geht in der Natur auf, spürt ihre Erhabenheit, wird von ihr ummantelt und am Ende wieder in die Kulturlandschaft entlassen.

Weiterführendes

Dieses Projekt ist als Lebensaufgabe konzipiert. Es dient uns als Erprobungsort für Gartenbautechniken, für die Pflanzenverwendung und für die Erweiterung gestalterischen Anwendungswissens.

Wer sich noch etwas intensiver mit dem Vorhaben beschäftigen möchte, findet hier noch mehr Hintergründe.