Die Landschaftsarchitektur
ist trotz ihrer Vielschichtigkeit im Grunde eine einfache Angelegenheit. Dazu muss man nur die Menschheit verstehen, wofür es unterschiedliche Modelle gibt. Unser Modell beruht auf der Annahme, dass der Mensch ein schizophrenes, dreigespaltenes Wesen ist:
Das archaische Tierwesen in uns ist seine Jahrmillionen alte, evolutive Grund-Existenz. Das Erfahrungswissen des ersten Einzellers, des ersten Säugetiers und des ersten Menschen ist in ihm verewigt. Das Tierwesen wird durch eine genetisch programmierte Emotionalität gesteuert und zum Handeln gebracht. Hormone und Stammhirn treffen auf Basis uralter Erfahrung der Selbsterhaltung unwillkürliche Entscheidungen. Es ist das nach wie vor mächtigste Wesen in uns. Befriedigt man seine Bedürfnisse, hat ein Garten bereits 80% seiner Potenziale ausgeschöpft.
Das Menschwesen in uns ist evolutiv gesehen erst kürzlich entstanden. Es versucht, mit Hilfe rationaler Entscheidungen in der Großhirnrinde das Tierwesen zu steuern. Ein Garten, der eine intellektuelle Verständnisebene aufweist, wird in unserer Welt ein Kunstobjekt.
Das Kulturwesen in uns sammelt unsere kollektiven Erfahrungen in Bildern und Geschichten und verarbeitet sie zu Emotionen und spirituellen Momenten. Das Kulturwesen trägt damit ebenfalls zur unbewussten Entscheidungsfindung bei. Ein Garten, der das Kulturwesen anspricht, entfaltet im Idealfall spirituelle Kraft.
Für die Gestaltung von Gärten ist das Tierwesen der mächtigste Spieler, gefolgt vom Kulturwesen. Das Menschwesen – also unsere individuelle Rationalität – spielt tatsächlich nur eine untergeordnete Rolle.
Emotionaler Tiefgang…
Die jeweiligen emotionalen Bedürfnisse können sehr verschieden sein. Letztlich lassen sie sich aber auf die Pole der Sehnsucht nach Geborgenheit und Sicherheit auf der einen und dem Wunsch nach Anregung und nach Verlockung auf der anderen Seite zurückführen. Angst, Hunger und Neugierde sind die Kern-Emotionen des steinzeitlichen Jägers in uns, nach denen wir die „Schönheit“ einer Landschaft – und damit auch eines Gartens – beurteilen.
Im Spannungsfeld dieser Pole entstehen unsere Anlagen. Manchmal treffen minimalistische, mal kontemplative und mal naturhaft-dynamische Ansätze die Gefühlswelt des oder der Nutzer am besten. Aber immer muss es das Ziel sein, den jeweiligen Vorstellungen vom Paradies auf Erden so nah wie möglich zu kommen.
… und Funktionalität
Trotzdem unterliegt die Realisierung von Gärten und grünen Räumen auch einer Reihe von Zwängen. Z.B. ist es zunächst immer günstig, darauf zu achten, dass der Bauherr mit Fertigstellung des Gartens nicht Insolvenz anmelden muss. Wir glauben aber auch nicht daran, dass überzeugende Gärten nur unter Verwendung der edelsten und teuersten Materialien entstehen können.
Dann haben Freianlagen natürlich noch „echte“ Funktionen zu erfüllen. Es ist z.B. sehr wirkungsvoll, wenn die Müllabfuhr ihre Arbeit machen kann und die Feuerwehr Platz hat, Menschen aus brennenden Häusern zu retten. Außerdem ist es sinnvoll, DIN- und EU-Normen so anzuwenden, dass der Bauherr nicht verklagt werden kann.
All das sind sehr beachtenswerte, verpflichtende Rahmenbedingungen, die aber die emotional-ästhetische Rolle eines grünen Raumes nicht verschütten dürfen.